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Deutschland versagt beim Digitalfunk

#1 von Detlef Wipperfürth , 22.08.2014 10:12

Deutschland versagt beim Digitalfunk



Schon vor 20 Jahren träumten die deutschen Sicherheitsbehörden vom digitalen Sprechfunk. Mittlerweile haben Bulgarien, Estland und Montenegro das System. In der Bundesrepublik hakt es – noch bis 2016.

Rolf Krost verkündet seit mehr als einem Jahr stets die gleiche Botschaft: "Wir sind auf der Zielgeraden." Der Präsident der Bundesanstalt für den Digitalfunk soll den bundesweiten Aufbau eines neuen zentralen Netzes für Polizei, Feuerwehr und Rettungskräfte gewährleisten. Seine Behörde in Berlin, vor sieben Jahren gegründet, hat inzwischen bereits rund 150 Mitarbeiter. Doch der Digitalfunk ist noch immer nicht flächendeckend verfügbar.

Bis Ende des Jahres soll das Netz nun stehen. Doch dass Krost das schafft, ist mehr als fraglich. Nach einem internen Sachstandsbericht vom 11. Juni dieses Jahres, der der "Welt" vorliegt, gibt es noch immer gravierende Probleme mit dem System: Gespräche brechen ab, die Lautstärke in Leitstellen ist zu hoch, Gruppenrufe kommen nicht an.

Der Digitalfunk soll das zentrale Netz für insgesamt 500.000 Einsatzkräfte sein. Doch etwa 50.000 von ihnen sind bisher nicht angebunden. Die größten weißen Flecken weist dabei Bayern auf. In dem Freistaat mit vielen Bergen und Tälern ist das Aufstellen von Funkmasten besonders aufwendig.

Imposante Masten zwischen Zugspitze und Karwendel

Bayern ist jedoch nicht flächendeckend das Schlusslicht. Im Landkreis Garmisch-Partenkirchen geht es mit der Digitalisierung in Siebenmeilenstiefeln voran. Seit Wochen sind dort Kolonnen von Arbeitern damit beschäftigt, die imposanten Funkmasten möglichst schnell in die schöne Landschaft zu stellen.

Der Grund für die Eile: Anfang Juni 2015 findet im Hotel "Schloss Elmau", einer Luxusherberge zwischen Karwendel, Wetterstein und Zugspitze, der G-7-Gipfel mit den mächtigsten Staatschefs der Welt statt – Russlands Präsident Wladimir Putin ist weiter davon ausgeschlossen. Um sie zu schützen, sollen die Sicherheitskräfte dann die Wunderwelt des deutschen Digitalfunks ohne Einschränkung nutzen können.

Doch die Bevorzugung von Garmisch-Partenkirchen geht zulasten anderer Regionen in Bayern, also dem Bundesland, wo die Infrastruktur am schlechtesten entwickelt ist. Nach "Welt"-Informationen werden im Freistaat voraussichtlich erst Ende kommenden Jahres alle geplanten 885 Basisstationen für den Digitalfunk funktionieren. Anders als Digitalfunk-Chef Krost behauptet, befindet man sich also in Bayern noch längst nicht auf der Zielgeraden.

Bei digitaler Agenda unberücksichtigt

Der Digitalfunk bleibt ein heikles Thema. Das war wohl auch der Grund dafür, dass das System mit keiner Silbe erwähnt wurde, als gleich drei Minister der Bundesregierung in dieser Woche das Projekt einer Digitalen Agenda vorstellten. Damit soll Deutschland weltweit zum Vorreiter bei der Digitalisierung aufsteigen.

Doch beim Digitalfunk hinkt das Land nicht nur in Bayern hinterher, das mit Alexander Dobrindt (CSU) auch noch den deutschen Infrastrukturminister stellt. Vielerorts sind Polizisten, Feuerwehrleute und Rettungskräfte nach wie vor auf Steinzeit-Technik angewiesen: auf den Analogfunk. Er ist hoffnungslos veraltet, störanfällig und alles andere als abhörsicher.

Die ersten Planungen für den Digitalfunk liegen unvorstellbare 20 Jahre zurück. Inzwischen verfügen 13 europäische Staaten über ein landesweites Hightech-Netz, darunter Bulgarien, Estland und Montenegro. Acht weitere europäische Staaten bauen den Digitalfunk auf, Griechenland und Italien planen ihn. Selbst unter diesen Nachzüglern steht die Bundesrepublik als Land der Ingenieure, Erfinder und Innovationspreise aber keineswegs an der Spitze.

Schon Schily und Kanter arbeiteten sich ab

Der republikweite Betrieb des Digitalfunks wurde in Deutschland immer wieder angekündigt: Erst sollte er zur Fußball-WM 2006 starten. Dann wurde das Jahr 2010 genannt, später 2012. Warum es jetzt Ende 2014 klappen soll, erschließt sich nicht. Und schon macht ein Witz die Runde.

Vielleicht kann Digitalfunk-Präsident Krost ja Vollzug melden, wenn für ein anderes Vorhaben, das für seine notorischen Verzögerungen traurige Berühmtheit erlangt hat, funktionstüchtig ist: Im Oktober 2016, so die jüngste Prognose, soll der neue Hauptstadtflughafen BER seine Pforten öffnen.

Am Digitalfunk haben sich bereits fünf Bundesinnenminister abgearbeitet – neben Thomas de Maizière (CDU) auch Hans-Peter Friedrich (CSU), Wolfgang Schäuble (CDU), Otto Schily (SPD) und Manfred Kanther (CDU). Grund für die Verzögerungen waren vor allem Kompetenz- und Kostenstreitigkeiten zwischen Bund und Ländern.

Kosten auf zwölf Milliarden explodiert

Das Ergebnis ist, dass der zur Verfolgung von Kriminellen so wichtige Digitalfunk dreimal so teuer wird wie ursprünglich geplant. Insgesamt sind die Kosten des Gesamtprojekts mittlerweile auf zwölf Milliarden Euro explodiert. Der Bund rechnet mit einem Anteil in Höhe von 3,6 Milliarden Euro.

Ein anderes Projekt stockt ebenfalls: Ein schnelles Internet für die Polizei, damit sie umfangreiche Einsatzlagebilder, Videos und andere Daten übertragen kann, fehlt den Beamten bisher. De Maizière hat damit nun die "Projektgruppe Digitalfunk BOS" betraut, die es schon seit 2009 in seinem Haus gibt.



Der Minister und sein für die digitale Infrastruktur zuständiger Kollege Alexander Dobrindt (CSU) sind sich einig, dass sie für das Vorhaben die nötige Breitbandfrequenz zur Verfügung stellen. Doch große Datenmengen sollen sich damit nicht problemlos übertragen lassen. Das sorgt jetzt für Ärger mit der Polizei.

Auf private Betreiber zurückgreifen

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) wettert, man erhalte lediglich einen "Frequenz-Müllplatz". Die effektiveren Frequenzen sollen verkauft werden. Deren IT-Experte Horst Müller sagte der "Welt": "Die für uns vorgesehenen Frequenzen werden nicht den künftigen EU-Normen entsprechen." Damit könne man nicht einmal den Datenaustausch mit den europäischen Partnerbehörden bewerkstelligen. Das Innenministerium entgegnet, dass die EU darüber bislang noch keine Entscheidung getroffen habe.

Angesichts der zunehmenden grenzüberschreitenden Kriminalität fordert die GdP, dass die Voraussetzungen für einen schnellen, abhörsicheren und europaweiten digitalen Informationsaustausch geschaffen werden. Falls die Politik der Polizei kein geeignetes Behördennetz zur Verfügung stellen würde, müsste man auf private Anbieter zurückgreifen, befürchtet die Gewerkschaft. Doch das wäre laut GdP-Vizechef Jörg Radek "absurd". Die Behörden müssten dann nämlich viel Geld an private Netzbetreiber zahlen, um praxistaugliche Frequenzen zu erwerben und zu nutzen.


DWHOSZ
http://www.funkfrequenzen01.de/

 
Detlef Wipperfürth
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zuletzt bearbeitet 22.08.2014 | Top

   

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