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Berlin: Probleme mit dem BOS-Digitalfunk BOS-Digitalfunk: Verständigung ist Glückssache

Berlin: Probleme mit dem BOS-Digitalfunk BOS-Digitalfunk: Verständigung ist Glückssache

#1 von Detlef Wipperfürth , 03.01.2017 23:07

03.01.2017 Berlin: Probleme mit dem BOS-Digitalfunk BOS-Digitalfunk: Verständigung ist Glückssache



Als ob Polizei nicht genug Probleme hätte – vor allem bei herausragenden Einsatzlagen, wie Silvester in den Großstädten oder der Amoklage im Sommer in München. Doch was die Kommunikation und Zusammenarbeit eigentlich verbessern sollte – der BOS-Digitalfunk – erweist sich als weitere Quelle von Problemen innerhalb der Polizei und zwischen Polizei und Rettungsdiensten. Auch von großen Einsatzlagen in jüngster Zeit – Silvester in Berlin und der Amoklage in München – wurden wieder erschreckende Beispiele bekannt:
Massive Störungen im Polizeifunk in der Silvesternacht in Berlin

Das berichtete am Neujahrstag 2017 die Berliner Morgenpost [1]. Ursache für die Störungen war dem Anschein nach ein Softwarefehler, der zur Fehlfunktion der so genannten Statustaste an den BOS-Funkgeräten sorgte. Dabei handelt es sich um eine Art Funktionstaste, die mit bestimmten Kurzmeldungen vorbelegt ist, wie z.B. „Notruf“, „Einsatzbereit“ oder „Einsatzbearbeitung auf der Dienststelle“ etc. Diese Tastenfunktionen spielten in der Silvesternacht verrückt: Da wurden Kurzmeldungen ohne Zutun des Bedieners an die Einsatzleitstelle geschickt, tatsächlich ausgelöste Kurzmeldungen kamen bei der Einsatzleitstelle nicht an oder es wurden andere Kurzmeldungen abgesetzt, als vom Bediener veranlasst. Über mehrere Stunden kam es dadurch zu verzögerter Übermittlung zwischen Streifenbeamten und Einsatzleitstelle und es war eine Vielzahl von Rückfragen notwendig, um zu klären, wer was an wen senden wollte.

Dieses Kommunikationsproblem ist neu und verschlimmert die Situation mit dem BOS in der Hauptstadt: Denn zwei altbekannte Probleme sind nach wie vor ungelöst:

es Objekts haben. Dies zeigte sich im Juli 2016 im Benjamin-Franklin-Klinikum in Berlin-Steglitz, wo ein Arzt von einem Patienten erschossen wurde. Benjamin Jendro, Pressesprecher der Polizeigewerkschaft GDP berichtet: „Sechs Kollegen standen eine Stunde im zweiten Stock herum und haben nur Bruchstücke des Funkverkehrs hören können“. Die Einsatzkräfte wussten nicht, was ihre Kollegen machten, weitere Täter hätten davon profitieren können.
Daneben weist Berlin Funklöcher von der Größe ganzer Kleinstädte auf, wie seit Jahren bekannt ist. Wir hatten in diesem Artikel [2] darüber berichtet. Um das Projekt möglichst billig zu rechnen, wurden viel zu wenige BOS-Basisstationen (=Funkmasten) installiert. Während in der österreichischen Bundeshauptstadt Wien 150 Masten installiert sind für eine Fläche von 415 Quadratkilometern, glaubte man in Berlin für eine mehr als doppelt so große Fläche (890 qm) und mehr als doppelt so viele Einwohner (3,5 Mio) mit 52 Basisstationen auszukommen. Die von Fachleuten seit Jahren geforderte Nachrüstung lässt jedoch nach wie vor auf sich warten.

Während des Amoklaufs in München fiel der Digitalfunk minutenlang aus

Auch bei einem der größten Einsätze des letzten Jahres in der bayerischen Landeshauptstadt – dem Amoklauf eines Jugendlichen im Sommer 2016 – kam es zu gravierenden Störungen im Funkverkehr der Polizei. Das ergibt sich aus einem internen Bericht des Polizeipräsidiums München an das bayerische Innenministerium, aus dem u.a. der Bayerische Rundfunk [3] zitiert. Auch hier war es hauptsächlich die mangelhafte Objektversorgung, die Polizisten dazu zwang, im Einsatzfall mit ihren privaten Handys zu kommunizieren. So gab es während des Amoklaufs z.B. keinen stabilen Empfang am eigentlichen Tatort, also innerhalb des Olympia-Einkaufszentrums. Ebenso wenig im Parkhaus, in dem sich der Täter längere Zeit aufgehalten hat. Und auch nicht im Stachus („Karlsplatz“)-Untergeschoss, von dem es zeitweise hieß, dass dort Unbekannte mit Waffen unterwegs seien.

Wie der Bayerische Rundfunk (BR) berichtet, beschweren sich Polizisten schon seit langem über Funkstörungen in vielen größeren Gebäuden, in der U-Bahn, sowie am Flughafen. Und berichten von Problemen auch bei anderen Großeinsätzen, wie z.B. der alljährlichen Münchner Sicherheitskonferenz.

Das ist umso mehr bemerkenswert, als seitens der Bundesregierung und der bayerischen Landesregierung keine Kosten und Mühen gescheut wurden, um ein Hochtal im Wetterstein, das neben etlichen Kühen, Schafen und Ziegen das Fünf-Sterne-Hotel Schloss Ellmau und ein weiteres Top-Hotel beherbergt, für die zwei Tage des G7-Gipfels im Juni 2015 ohne Rücksicht auf Aufwand und Kosten mit BOS-Digitalfunkversorgung auszustatten.

Gerhard Eck, der zuständige Staatsekretär im bayerischen Innenministerium und Leiter der Projektgruppe Digitalfunk sieht die jüngsten Problemmeldungen ziemlich entspannt: „Von längeren Störungen“, erklärte er gegenüber dem Bayerischen Rundfunk, sei ihm „nichts bekannt“.
Mangelhafte Objektversorgung – Konstruktionsfehler des BOS-Digitalfunks

Die Folgen einer unzureichenden Objektversorgung sind überall in Deutschland zu spüren. Dahinter steckt offenbar ein Konstruktionsfehler des System BOS-Digitalfunk an sich. Denn in einem Verwaltungsabkommen von 2007 haben sich Bund und Länder zwar auf die Teilung der Verantwortung und Lasten für den Aufbau der Flächenversorgung geeinigt. Außen vor blieb dabei jedoch ein technisches Detail mit erheblicher Folgewirkung: Die Tatsache nämlich, dass zahlreiche öffentliche Gebäude und Verkehrswege in Tunneln von einer Größe und Bauart sind, dass die Funksignale der nächsten BOS-Basisstation dorthin nicht vordringen. Dicke Mauern von Bahnhöfen, von denen viele vor 1900 gebaut wurden, Stahlbeton von modernen Bauten, Tunnel, die zig Meter unter der Erde liegen und metallbedampfte Fenster schwächen die Funkwellen ganz erheblich. Es ist daher notwendig, diese Tunnel, Bahnhöfe, Einkaufszentren, Schulen und Universitäten, Klinikkomplexe u.v.m. mit Verstärkern für die Funksignale auszurüsten. Im Technik-Deutsch heißt das Ganze ‚Objektversorgung‚ und ist auch technisch alles andere als ein unlösbares Problem. Flughafenbetreiber, wie z.B. in Düsseldorf, haben ihre Liegenschaften längst fit gemacht für den Funkverkehr der Polizei und Rettungskräfte im Inneren. Und zwar auf eigene Kosten.

Problematisch ist vielmehr, dass „eine allgemeine bundesweit einheitliche Rechtsverpflichtung der Betreiber zur Objektfunkversorgung bis heute nicht existiert“, wie uns der Pressesprecher des Bundesverkehrsministeriums wissen ließ. Und dass es Betreiber gibt, die die Frage der Finanzierung ganz offensichtlich vor die Lösung des Sicherheitsproblems stellen. Das führt dann dazu, dass ein Objektbetreiber, wie z.B. die Deutsche Bahn AG und ihre Tochtergesellschaft DB Station&Service AG (Slogan: „Wir bauen und betreiben Bahnhöfe“) offenbar frei entscheiden kann, ob, wann und wie er seine entsprechenden Objekte BOS-Digitalfunk-tauglich ausrüstet. Allein die 21 Bahnhöfe der Kategorie 1 der Deutschen Bahn werden durchschnittlich pro Tag von knapp 4 Millionen Reisenden genutzt, das ist die Hälfte aller Reisenden überhaupt. Mehr Videoüberwachung, wie sie der Bundesinnenminister vor wenigen Tagen wieder gefordert hat, dürften jedem einzelnen Passagier ziemlich egal sein, wenn er wüsste, dass im Unglücks- oder Anschlagsfall noch nicht einmal sichergestellt ist, dass Polizeikräfte im Gebäude funken und Rettungskräfte koordiniert in den Einsatz gebracht werden können. Man stelle sich vor, welches Inferno in einem solchen Fall in einem großen Bahnhof, wie München, Frankfurt, Köln oder Dortmund entsteht.
Notstromversorgung für den BOS-Digitalfunk für ganze zwei Stunden sichergestellt

Und das ist noch nicht alles: Gerade das Bundesinnenministerium, in dessen Geschäftsbereich die bundesweit verantwortliche ‚Bundesanstalt für den Digitalfunk der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben‘ angesiedelt ist, wird ja nicht müde, vor den Folgen eines möglichen Cyberangriffs auf kritische Infrastrukturen zu warnen. Stromversorger sind ein wesentlicher Teil dieser kritischen Infrastruktur. Man sollte also annehmen, dass die zentralen Systemkomponenten für den BOS-Digitalfunk von Polizei und Rettungsdiensten gesondert gesichert sind, vor allem gegen länger andauernde Stromausfälle. Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK), eine weitere Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich des BMI, empfiehlt dafür eine flächendeckende Mindestversorgung für den Zeitraum von drei vollen Tagen.

Die Wirklichkeit sieht allerdings auch hier anders aus: Für ganze zwei Stunden ist derzeit die „Ersatzstromversorgung aller systemrelevanten Komponenten des Digitalfunks“ gewährleistet. Das ergibt sich aus einer Antwort der Bundesregierung vom 09.12.2016 auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion [4]. Eine „flächendeckende Mindestversorgung … für mindestens 72 Stunden befindet sich in der Umsetzung“ heißt es ganz entspannt aus dem BMI.

Kein Projektleiter eines ähnlich systemrelevanten Projekts in der Privatwirtschaft käme mit einer solchen Laissez-Faire Haltung durch bei seinem Management. Behördenprojekte in Deutschland dagegen können sich Verzögerungen um Jahre leisten, ein Überschreiten der Budgetansätze um das Mehrfache, sowie eklatante Funktions- und Sicherheitslücken und es passiert – NICHTS! Das Wursteln geht einfach weiter. Persönliche Verantwortung und Haftung sind Fremdworte in diesem Bereich. Wie lange kann bzw. will sich die Gesellschaft diese Haltung noch leisten?

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Quellen
[1] Massive Störungen im Polizeifunk in der Silvesternacht, 01.01.2017, Berliner Morgenpost
http://www.morgenpost.de/…/Massive-Stoerungen-im-Polizeifun…

[2] ’Funklöcher von der Fläche ganzer Kleinstädte – in Berlin‘ in ‚Funkstörungen – wenn 4 Millionen Menschen täglich reisen‘, 17.087.2016, POLICE-IT
https://police-it.org/funkstoerungen-wenn-4-millionen-mensc

[3] Polizei-Digitalfunk doch nicht so zuverlässig?, 19.10.2016, BR24
http://www.br.de/…/inha…/polizeifunk-digital-bayern-100.html

[4] Antwort auf Frage 18 in ‚Elektromagnetische Verträglichkeit‘, Antwort der Bundesregierung vom 09.12.2016 (DBT-Drs 18/10598) auf die Kleine Anfrage der Linksfraktion
http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/105/1810598.pdf

Quelle: https://police-it.org/bos-digitalfunk-verstaendigung-ist-gl


DWHOSZ
http://www.funkfrequenzen01.de/

 
Detlef Wipperfürth
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