01.05.2016 00:09 Uhr (01-18) Hessen: Polizei in Frankfurt
Neue Polizeiautos außer Dienst
Bei der Frankfurter Polizei stehen nagelneue Einsatzfahrzeuge mitunter unbenutzt auf dem Parkplatz herum. Der Grund: Die Fahrzeuge sind ausschließlich mit digitaler Funktechnik ausgestattet.
Doch die Einsatzleitzentrale funkt noch weitgehend analog.
Frankfurt.
Neue Einsatzfahrzeuge sind für Polizisten eigentlich ein Grund zur Freude. Im Fall der Streifenwagen, die in der jüngsten Zeit vom Frankfurter Polizeipräsidium an die Reviere verteilt wurden, ist diese Freude aber stark getrübt. Grund sind nicht die Opel Zafiras und Mercedes Vitos selbst, sondern die eingebaute, digitale Funktechnik. Weil der Funkverkehr der Einsatzleitzentrale derzeit noch weitgehend analog läuft, werden die neuen Fahrzeuge nach FNP-Informationen häufig nur dann benutzt, wenn kein Streifenwagen mit Analogtechnik mehr zur Verfügung steht. Oft bleiben die Autos mit digitalen Geräten einfach auf dem Parkplatz stehen.
„Polizisten, die derzeit ein Fahrzeug mit ausschließlich digitaler Funktechnik nutzen, sind vom Einsatzgeschehen weitgehend abgeschnitten“, sagt ein Polizist aus Frankfurt. „Wenn ein Terrorist mit Schüssen einen Großeinsatz auslösen würde, würden die Beamten das nur über andere Kollegen mitbekommen.“ Der Einsatzfunk, den alle Polizisten in ihren Streifenwagen mithören und der Aufschluss über das Geschehen ringsum gibt, laufe derzeit nämlich noch komplett analog.
Funktechniker in Zugzwang
Es ist schon irrwitzig: Einige Frankfurter Polizeireviere haben – mitunter schon seit Wochen – nagelneue, PS-starke, bestens ausgerüstete Einsatzfahrzeuge auf dem Parkplatz stehen.
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Die Polizisten könnten zwar jederzeit mobile Funkgeräte mit in die neuen Einsatzfahrzeuge mitnehmen, um sich mit Kollegen oder auch mit der Leitzentrale zu verständigen. Dieser individuelle Funkverkehr könne das Mithören des Einsatzfunks aber nicht ersetzen, betont der Beamte. Ein weiteres Manko sei, dass die Funker in der Leitzentrale den Status eines Streifenwagens mit Digitaltechnik derzeit noch nicht sehen können. Ob das Auto gerade „im Einsatz“ oder „frei“ ist, sei aber eine wesentliche Information. Der Polizist betont: „Im Augenblick können wir mit den neuen Einsatzfahrzeugen eigentlich nichts anfangen.“
Millionenschweres Projekt
Die hessenweite Einführung des Digitalfunks für Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben ist ein millionenschweres Projekt, das schon in der Amtszeit des Innenministers Volker Bouffier (CDU) gestartet wurde. Die Umstellung vom analogen auf digitalen Funk verlief von Anfang an schleppend. Schon im Jahr 2013 wurde mitunter heftige Kritik an bestehenden Mängeln laut. Wohl auch deshalb stattete die Landespolizei ihre neuen Einsatzfahrzeuge zwischenzeitig sowohl mit der alten analogen als auch mit der neuen digitalen Technik aus.
Jetzt, da die ersten Streifenwagen mit ausschließlich digitalen Geräten in den Dienst gestellt wurden, sind die technischen Probleme offenbar immer noch nicht gelöst: Aus Polizeikreisen heißt es, dass die Frankfurter Einsatzleitzentrale zwar schon über die erforderliche Hardware für den digitalen Einsatzfunk verfüge. Softwareprobleme führten aber offenbar dazu, dass dieser noch nicht funktioniere.
Qualitative Mängel
Auch die schon funktionierende individuelle Kommunikation zwischen digitalen Funkgeräten läuft dem Vernehmen nach noch nicht reibungslos. Die Sprachqualität sei bislang schlechter als bei der analogen Technik, ist zu hören. Bemängelt wird auch, dass Sprecher an einem Digitalgerät nicht unterbrochen werden können. In dringenden Fällen gehe kostbare Zeit verloren, wenn jede Äußerung erst ganz zu Ende gehört werden müsse.
Polizeisprecher Alexander Kießling verweist darauf, dass sich das Präsidium wie andere Sicherheitsbehörden noch in der Phase der Umstellung auf den Digitalfunk befinde. Bei bundesweiten Großprojekten wie dieser Umstellung komme es mitunter zu unvorhersehbaren technischen und organisatorischen Verzögerungen. Kießling betont, dass die Verfügbarkeit der Funkkommunikation bei Sicherheitsbehörden „zu jedem Zeitpunkt“ gegeben sein müsse. Daher werde das analoge und das digitale Funknetz in der Phase der Umstellung so lange parallel betrieben, bis das digitale Netz fehlerfrei und stabil genutzt werden könne.
Zu den neuen Einsatzfahrzeugen auf dem Parkplatz äußert sich Kießling nur indirekt: Wenn die Frankfurter Polizei unter Umständen „neue“ Ausrüstung noch nicht nutze, geschehe das nur, weil die „alte“ nach wie vor die Einsatzanforderungen erfülle und weiter genutzt werden könne. Der Behördensprecher versichert, dass die zur Verfügung gestellte Technik und Ausstattung „sinnvoll und zielführend“ eingesetzt werde. Zu Details der Digitalfunktechnik und ihrer schrittweisen Einführung werde sich das Polizeipräsidium nicht äußern – „aus Geheimhaltungsgründen“.
Quelle: http://www.fnp.de/…/Neue-Polizeiautos-ausser-Dienst;art675,…