Berlin - Bundeswehr - UNION KRITISIERT GEHEIMNISKRÄMEREI BEIM DIGITALFUNK
Der Einbau der Digitalfunkgeräte bereitet Probleme. Doch über Verantwortliche und Zeitpläne erfährt die Unionsfraktion von der Bundesregierung nur wenig.
Berlin. Die Unionsfraktion im Bundestag wirft Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) Geheimniskrämerei bei der Frage vor, wie es mit dem digitalen Führungsfunk für die Bundeswehr weitergeht. Die Antwort des Ministeriums auf die Kleine Anfrage ihrer Fraktion liefere trotz zweifach gewährter Terminverlängerung nur „nichtssagende Allgemeinplätze“, kritisiert die CDU-Verteidigungspolitikerin Serap Güler. „Hier fragt man sich ernsthaft, was das Haus zu verbergen hat.“
Pistorius hatte im vergangenen September auch öffentlich sehr verärgert darauf reagiert, dass es bei der Einführung der neuen Digitalfunkgeräte Verzögerungen gibt. Denn rund 200 verschiedene Fahrzeugtypen vom Kfz bis zum Panzer – die Bundeswehr spricht hier von Plattformen – müssen zunächst für den Einbau der Geräte angepasst werden.
Die Komplexität der Aufgabe hätten sowohl ihre Behörde als auch die beteiligte Industrie unterschätzt, sagte die Präsidentin des Bundeswehr-Beschaffungsamts, Annette Lehnigk-Emden, kürzlich im Interview mit dem Handelsblatt. Das Amt hat daraufhin eine eigene Koordinierungsstelle eingerichtet.
Eine Folge der Verzögerungen ist, dass die einsatzbereite Gefechtsdivision, die Deutschland der Nato für 2025 zugesagt hat, „quantitativ und qualitativ in ihrer Führungsfähigkeit im hochintensiven Einsatz zunächst nicht ihre volle Leistungsfähigkeit entfalten“ kann, wie das Verteidigungsministerium in einem vertraulichen Bericht einräumte.
Die Unionsfraktion wollte nun unter anderem wissen, warum die Komplexität unterschätzt wurde, wer zu welchem Zeitpunkt von Verzögerungen wusste, warum das Parlament spät informiert wurde und wie es bei der Integration vorangeht. Die Antwort der Bundesregierung, die dem Handelsblatt vorliegt, liefert aber wenig Erhellendes.
FRÜHZEITIG VON „HERAUSFORDERUNGEN“ GEWUSST
Mehrfach verweist Pistorius’ Staatssekretärin Siemtje Möller auf die Antworten auf eine frühere Kleine Anfrage der Union. Darin hatte das Ministerium unter anderem eingeräumt, dass „die übergreifende Koordination und Kommunikation der betroffenen Stellen und Bereiche“ nicht „im erforderlichen Umfang“ erfolgt sei.
Aus Sicht der Fragesteller wies aber die Antwort vom November 2023 „zahlreiche Ungereimtheiten zu zeitlichen Abläufen und Verantwortlichkeiten der involvierten Akteure“ auf. Genau deshalb hatte die CDU/CSU-Fraktion mit einer zweiten Anfrage nachgelegt.
In der neuen Antwort teilt das Ministerium nun mit, dass das Beschaffungsamt dem Verteidigungsministerium schon frühzeitig über sich möglicherweise abzeichnende Herausforderungen bei der Integration der Funkgeräte berichtet, „jedoch keinen Handlungsbedarf angezeigt“ habe. Das Heer habe aber mittlerweile 42 Plattformvarianten ausgewählt, die bei der Muster- und Serienintegration der Funkgeräte priorisiert werden sollen.
Erste Verträge mit den beteiligten Industrieunternehmen würden Anfang dieses Jahres geschlossen, der Hauptvertrag werde dann voraussichtlich Mitte des Jahres folgen.
Das Ministerium geht zudem davon aus, dass durch den Einbau der Funkgeräte die Funktion der verschiedenen Fahrzeugtypen nicht negativ beeinträchtigt wird. Haushälter hatten darauf hingewiesen, dass bei einigen Plattformen die Batteriekapazität oder die Leistung der Lichtmaschine für den Betrieb der Digitalfunkgeräte möglicherweise nicht ausreiche.
Quelle und Foto: Handelsblatt